Versammlungsroulette im Berliner Osten

Rund um das Brandenburger Tor, dem Pariser Platz und der gegenüberliegenden Straße des 17. Juni gab es am späten Vormittag des 28.08.2021 nichts zu holen. Hier konnte nur Schwarz im Versammlungsroulette gewinnen.

Dort wimmelte es nach der neuerlichen Verbotsorgie der Berliner Versammlungsbehörde von insgesamt 13 angemeldeten regierungskritischen Versammlungen und Demonstrationen am letzten Wochenende im August 2021 nur so von schwarzen Uniformen und Polizeiwannen samt Inhalt. Die „unabhängige“ Richterschaft am furiosen Verwaltungsgericht Berlin zeigte denn auch wieder blinden Gehorsam und lehnte drei von vier Eilanträgen gegen die Verbote im Namen der Sicherungsverwahrung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit von mündigen Bürgern und Bürgerinnen ab. Der demokratische Rechtsstaat – sofern überhaupt noch existent – wurde wieder einmal von der Judikative und der Exekutive bis zur Unkenntlichkeit verbogen. So funktioniert Gewaltenteilung aktuell, geteilt werden nur noch die gleichgeschalteten Meinungen der Beteiligten aus Regierung und Behörden.

Also ging es weiter im Glücksspiel, eine angemeldete und nicht verbotene Demonstration zu finden. An der Weberwiese in Friedrichshain sollte gegen 12.00 Uhr eine solche stattfinden. Angemeldetes wurde hier nicht serviert, aber die umstehenden Menschen waren offenkundig nicht hier zusammen gekommen, um Loblieder auf die Regierungspolitik anzustimmen. So formierte sich schnell in der angrenzenden Straße der Pariser Kommune der erste nicht genehmigte Aufzug von etwa 100 Menschen.

Und wuchs schnell auf mehrere hundert Teilnehmer aus allen Bevölkerungsteilen an, wie hier am Platz der Vereinten Nationen, Richtung Volkspark Friedrichshain.

Die Bedrohungslage für den Staat war damit offensichtlich so angewachsen, dass die Polizei gleich zwei Hubschrauber an dieser Stelle zur Lagebeurteilung einsetzen musste.

Es dauerte auch nicht lange, bis die herbeigeorderte Infanterie der Berliner Polizei anrückte und vorzugsweise die Rädelsführer oder Träger von Transparenten des Protestzuges festsetzte und Plakate oder Banner einzog.

Getreu dem Motto der Staatssicherheit der früheren DDR: „Schild und Schwert der Partei“. Heute dürfte sich die Polizei natürlich eher als „Schild und Schwert der Regierungsparteien“ verstehen, was aber auf das Gleiche hinausläuft.

Es handelte sich hier natürlich um die anliegende „Gedenkstätte der Deutschen Interbrigadisten“ im Spanischen Bürgerkrieg von 1936 bis 1939, in dem das Deutsche Reich den spanischen Diktator, General Francisco Franco unterstützte.

Gern wurden auch alte Mütterchen von der heldenhaften Berliner Polizei aufgehalten und kontrolliert.

Das alles half wenig. An der Ecke Am Friedrichshain/Otto-Braun-Straße stieß der nächste Zug von ungezogenen Demonstranten hinzu.

Erneut versuchte die Polizei dann an der Ecke Am Prenzlauer Berg/Prenzlauer Allee den Zug zu stoppen.

Auch das gelang der Handvoll Beamten nicht, die Menge wollte einfach den Anweisungen nicht gehorchen.

So zogen die Helden sich wieder in die sicheren Fahrzeuge zurück.

Stattdessen wuchs der Protestzug in der Prenzlauer Allee weiter an und die Polizei Berlin verkam ab jetzt im Grunde zur Verkehrslenkung Berlin, um Schaden von den motorisierten Verkehrsteilnehmern vor und hinter dem Zug abzuwenden.

Nicht immer gelang das allerdings den ungeübten und selbst ernannten Verkehrspolizisten.

Viele Autofahrer/innen nahmen es allerdings gelassen oder signalisierten sogar Solidarität.

An der Ecke Prenzlauer Allee/Immanuelkirchstraße unternahm die Polizei noch einmal einen zaghaften Versuch, die Versammlung aufzulösen. Die wenigen Beamten wurden allerdings nach kurzer Zeit von der Menge regelrecht überrannt.

Hier geht es von der Prenzlauer Allee nördlich in die Danziger Straße.

Danziger Straße in Richtung Schönhauser Allee.

Am darauffolgenden Sonntag, dem 29.08.2021 sollte am Humboldthain gegen 12.00 Uhr eine genehmigte Versammlung gegen den Leinenzwang für Hunde stattfinden, zu deren Beteiligung im Messenger Telegram aufgerufen wurde. Bei meiner Ankunft vor Ort am Bahnhof Gesundbrunnen gegen 11.30 Uhr war schon wieder Schwarz beim Versammlungsroulette am Siegeszug und verteilte fleißig Platzverweise an verdächtige Personen. Der naheliegende U-Bahnhof Voltastraße war sicherheitshalber von der Polizei komplett geschlossen worden, damit nicht noch mehr ungebetene Gäste hinzuströmen konnten.

Da sich das Protestgeschehen nach Informationen in Richtung Osten zum Mauerpark verlagert hatte, ging es per U-Bahn vom Gesundbrunnen zur Bernauer Straße.

Am U-Bahnhof Eberswalder Straße traf ich gerade noch rechtzeitig auf das Ende eines größeren Demonstrationszuges in Richtung Alexanderplatz.

An der Schönhauser Allee bog der Zug links in die Sredzkistraße ein.

Die Berliner Polizei gab nur noch Geleitschutz. Hier in der Knaackstraße.

Unter den Augen der Kanzlerin in spe wuchs der Protestzug in der Danziger Straße dann immer weiter an.

Hier zeigte sich sogleich wieder die hässliche Fratze der schlechten Verlierer in Schwarz. Direkt neben mir wurde der bekannte Aktivist, Rechtsanwalt Markus Haintz ohne ersichtlichen Grund von einem heraneilenden Sturmtrupp der Hessischen Polizei festgenommen. Offensichtlich die vorgegebene Taktik, die Rädelsführer zu entfernen und möglichst lange festzusetzen, damit die verbliebene Meute kopflos durch die Gegend irren sollte. Haintz wurde denn auch sogleich mit Handfesseln in einen bereit stehenden Polizeitransporter verbracht und hastig weggekarrt. Die Meute skandierte zum Abschied noch: „Markus, Markus“.

Die Berliner Zivilpolizei hängte sich mit zwei Fahrzeugen dem Ende des Zuges an.

Unterdessen schlichen auch wieder Riegen behelmter Schwarzkittel durch die Manege der Danziger Straße, um auf Weisung Rädelsführer und verdächtige Staatsfeinde zu entschärfen oder um Sachverhalte zu klären, um im Sprachjargon des ehemaligen Arbeiter-und-Bauern-Staates zu bleiben.

Begleitet in gewissem Abstand von ihren Weisungsgebern der 25. Einsatzhundertschaft der Berliner Polizei, einem Zugführer rechts und dem Hundertschaftsführer links.

Auch die Hessischen Kampfesbrüder waren wieder zur Stelle, wirkten allerdings planlos, da der Zug oftmals spontan die Richtung änderte. Hier ging es von der Danziger Straße links in die Kniprodestraße.

Hier zeigt sich eindrucksvoll, wofür Großaufsteller von Wahlplakaten alles nützlich sein können.

Der Umstand, dass die Nationalflagge hier vom Darbieter falschherum geschwenkt wird, wird wohl dem Staatsschutz zur Untermauerung der These dienen, dass es sich hier bei den Protestierenden um solche Elemente handelt, die den Staat um jeden Preis delegitimieren wollen und deshalb auch nicht vor der Verunglimpfung des Staatssymbols zurückschrecken.

Die Transparente wurden schließlich auch immer staatsgefährdender. Das energische Einschreiten der Staatsmacht sollte denn auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Die Truppen wurden bereits im Hintergrund zusammengezogen.

Von der Kniprodestraße ging es rechts in die Storkower Straße.

Storkower Straße in Richtung Landsberger Allee.

An der Kreuzung zur Landsberger Allee hatte die Polizei die Straße abgeriegelt, um den Zug an einem strategisch günstigen Punkt zu stoppen und mit den rückwärtigen Kräften am Ende des Zuges einzukesseln.

Dass gelang der Polizei eher schlecht, denn die Menschen suchten sich Wege durchs Unterholz, um über und neben dem S-Bahnhof Landsberger Allee zur Landsberger Allee zu gelangen. Vereinzelt versuchten rabiate Beamte dies zu unterbinden und nahmen widerborstige Protestler fest oder rangen diese zu Boden.

Den Blick gesenkt. Sind solche Einsätze gegen die eigene Bevölkerung noch legitim?

Auch ältere Menschen waren wieder äußerst gefährliche Elemente, die festgenommen werden mussten.

Wüsste man nicht, dass diese Bilder aus dem August 2021 aus der deutschen Hauptstadt stammen, könnte man annehmen, hier zur gleichen Zeit im Weißrussischen Minsk einem Polizeieinsatz beizuwohnen.

Abgang mit leeren Blicken.

An der Ecke Landsberger Allee/Petersburger Straße sammelten sich die Versprengten wieder zu einem neuen Demonstrationszug. Die Sächsische Polizei beobachtete die Szenerie.

Am Petersburger Platz begegnete ich dem bekannten Hamburger Arzt Heiko Schöning von den „Ärzten für Aufklärung“.

Bersarinplatz im Friedrichshain.

Vom Bersarinplatz ging es rechts in den Weidenweg.

Unter den Augen des Vizekanzlers und Kanzlers in spe strömten die Menschen an der Weberwiese auf die Frankfurter Allee.

Nach internen Angaben der Berliner Polizei sollen es hier gegen 15.00 Uhr etwa fünf bis sechstausend Demonstranten gewesen sein.

Weiter ging es dann die Straße der Pariser Kommune entlang und wieder stadtauswärts in die Landsberger Allee.

Der unabhängige Journalist Elijah Tee an der Ecke Landsberger Allee/Danziger Straße. In der Danziger Straße kesselte die Polizei dann den Demonstrationszug mit hastig herangezogenen Kräften für längere Zeit ein, stellte Personalien fest und schrieb nach eigenen Angaben massenhaft Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen des Verstoßes gegen die Infektionsschutzverordnung und das Versammlungsfreiheitsgesetz. 4.200 Beamte aus diversen Bundesländern waren nach Angaben der Polizei am Wochenende in Berlin eingesetzt und es kam zu 180 vorläufigen Festnahmen.

Die Polizei konnte aber wohl nicht alle Kritiker Dingfest machen. Einige kurvten immer noch durch Berlin.

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