Goethes Faust im Berliner Landgericht

Der Straßenmusiker Arne Schmitt vor dem Berliner Landgericht.

Großartig inszenierte Theatervorstellungen gratis und ohne Frack und Zylinder erleben, geht so etwas wirklich?

Es geht, das Berliner Landgericht macht es möglich. Arne Schmitt ist zwar nicht Dr. Faustus, aber Parallelen zu Johann Wolfgang von Goethes Werk „Faust. Der Tragödie erster Teil“ lassen sich der Gerichtsverhandlung vor der Strafkammer des Landgerichts Berlin durchaus abgewinnen, denn auch hier sollte es nach vier Stunden für Schmitt eigentlich einen Pakt mit dem Teufel – in Gestalt von Staatsanwaltschaft und Gericht – geben, welcher Schmitt mit Hilfe von gerichtlichen Zaubermitteln wohl vom rechten Weg abbringen sollte. Allerdings ließen sich Schmitt und sein Gretchen – in Gestalt von Rechtsanwalt Dirk Sattelmaier – nicht auf den Charme des von Mephisto dargebotenen Zaubertranks ein.

Im Hintergrund Arne Schmitt und sein Verteidiger, Rechtsanwalt Dirk Sattelmaier direkt vor dem Portal 5 des Berliner Landgerichts in der Turmstraße 91, dem Zugang zum Sitzungssaal 101 (oben im Bild mit geöffneten Fenstern) und den Hochsicherheitssälen 500 und 700 des Gerichtsgebäudes.

Am Dienstag, dem 23.08.2022 sollte um 09.30 Uhr am Berliner Landgericht der Berufungsprozess in zweiter Instanz gegen den bekannten Straßenmusiker Arne Schmitt (Piano across the world) vor der 67. Kleinen Strafkammer stattfinden. In erster Instanz am Berliner Amtsgericht Tiergarten (ebenfalls im Moabiter Gebäudekomplex) wurde Schmitt am 21.12.2021 in „Abwesenheit“ zu 100 Tagessätzen von je 30 Euro zu einer Gesamtstrafe von 3.000 Euro verurteilt, vorgeblich wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und versuchter Körperverletzung, nach einer zuvor von der Polizei aufgelösten Demonstration und des damit nach 17 Jahren erstmals in Berlin wieder verbundenen Einsatzes von Wasserwerfern gegen Demonstranten und Bevölkerung am kühlen Nachmittag und frühen Abend des 18.11.2020 im Umfeld der Bannmeile des Reichstagsgebäudes an der Ebertstraße, der Westseite des Brandenburger Tores und der Straße des 17. Juni. Damit wäre Schmitt offiziell vorbestraft gewesen. Schmitt durfte an dem Prozess allerdings auf Grund von damaligen pandemiebedingten Quarantäne-Bestimmungen gar nicht teilnehmen und sich somit auch nicht verteidigen, obwohl er zur Verhandlung extra aus dem Exil aus Montenegro angereist war und somit vor dem Gerichtsgebäude strandete.

Auf morgendliche Nachfrage bei zwei Justizbeamten vor Ort am Eingang zum Gerichtsgebäude, welche sich gerade eine Friedenspfeife anzünden, erfahre ich, dass die Verhandlung im Vorfeld von Saal 621 in Saal 101 des Altbaus an der Turmstraße verlegt wurde und somit der Zugang nicht über den üblichen Haupteingang des Gerichtskomplexes erfolgt, sondern gesondert nebenan über das Portal 5, über das eigentlich der Zugang zu den Hochsicherheitssälen 500 und 700 des Gerichtsgebäudes für Prozessbeobachter erfolgt. In diesem Bereich finden sonst eher Rocker- oder Clanprozesse statt, wie derzeit gegen die vier Abou-Chaker-Brüder im Falle Anis Ferchichi, alias Bushido. Offensichtlich hält die Berliner Justiz den Straßenmusiker Arne Schmitt und seine erwarteten Anhänger und Vertrauten im Zuschauerbereich für besonders gefährliche Gestalten, welche nicht nur den Staat oder die Regierung, sondern auch die Justiz und deren Protagonisten delegitimieren könnten. Die vorsitzende Richterin im Verfahren hat daher auch vorab verfügt, dass sich alle Prozessbeobachter/innen einer eingehenden und strengen Sicherheitskontrolle nach gefährlichen Gegenständen zu unterziehen haben und sämtliche mitgeführten Taschen, Rucksäcke, Mobiltelefone, Schlüssel, Schreibgeräte und alle sonstigen Gegenstände abgegeben und in Schließfächern verwahrt werden müssen. Lediglich Brillen, Armbanduhren und Schmuck werden am Leibe der Zuschauer belassen. Der Gürtel darf diesmal am Mann oder der Frau bleiben. Möglicherweise gab es in der Vergangenheit bei der Gerichtskundschaft Entblößungsproble wegen fehlender Haltemechanismen und es kam somit zu Störungen der Verhandlung. Namen und Anschriften werden von einem Justizwachtmeister in eine Liste eingetragen, danach Personalausweise kopiert und müssen ebenfalls zur Quarantäne ins Schließfach. Die Kopien werden später von einem Justizwachtmeister in den Gerichtssaal geschleppt und abgeheftet. Die Frage zum Datenschutz bleibt unbeantwortet, angeblich werden die Kopien später wieder vernichtet. Seltsamerweise darf der Schlüssel für das Schließfach allerdings in den Saal mitgeführt werden, nebst einer kleinen gelben Papierkarte mit der laufenden Besuchernummer, welche zudem später den Justizwachtmeistern im Gerichtssaal sozusagen als Legitimation oder Eintrittskarte für die billigen Plätze im Saal gelten. Kein Zutritt ohne Platzkarte eben, die Dramaturgie zum bevorstehenden Bühnenstück nimmt Gestalt an. Ein schlichtes Schild im Treppenaufgang zu den Sälen weist noch darauf hin, dass im gesamten Bereich für menschliche Bedürfnisse keine Toiletten existieren. Wer also Groß und Klein loswerden oder sich einfach nur übergeben möchte, ist gezwungen, den Sicherheitsbereich wieder über das Portal in umgekehrter Reihenfolge über den Kontroll- und Schließfachbereich zu verlassen und entweder die Grünanlagen vor dem Gericht zu nutzen oder über den Haupteingang des Gebäudes, mit dortiger erneuter – aber abgemilderter – Zugangskontrolle die gerichtsinternen Toiletten aufzusuchen. Eine Rückkehr zur eigentlichen Theatervorstellung der Wahl ist dann allerdings nicht mehr ohne weiteres möglich. Nur wenn draußen vor dem Portal 5 kein Nachrücker oder eine Nachrückerin wartet, welche Vorrang genießen, und dann auch nur mit der entsprechenden erneuten zeitraubenden Prozedur und Durchsuchung durch die Justizwachtmeisterei. Hier gilt die Platzkarte nicht mehr. Da kann also schon mal was buchstäblich in die Hose gehen, bis man über zeitraubende Umwege die gerichtliche Porzellanmanufaktur erreicht und eine Rückkehr dann ohnehin obsolet ist. Möglicherweise ist das von der Führungsriege des Gerichts auch kalkuliert und soll abschreckend auf lästige Prozessbeobachter/innen wirken. Hier grüßt die Fratze der Justiz im demokratischen Rechtsstaat und delegitimiert sich im Grunde selbst als menschenverachtend.

Nach etwa einer halben Stunde ist die Einzelabfertigung am Einlass durch eine Reihe von Schleusen in Form von Sicherheitstüren, Metalldetektoren, körperlicher Visite durch Justizbeamte und der Verstauung von persönlichen Gegenständen durchlaufen und die 24 zugelassenen Prozessbeobachter/innen sammeln sich im Treppenaufgang vor der verschlossenen hinteren Tür für den Zuschauerbereich von Saal 101 im ersten Oberschoss. Die Besetzung der drei Zuschauerbänke wird in den kommenden gut vier Stunden Verhandlungsdauer aus toilettentechnischen Gründen leicht variieren. Mit etwa zehn Minuten Verspätung beginnt gegen 09.40 Uhr der Einlass für die Prozessbeobachter/innen in den Saal unter Vorlage der vorhin beschriebenen gelben Eintrittskarte und sodann die mündliche Verhandlung.

Alle teilnehmenden Protagonisten sind schon auf ihren vorgesehenen Plätzen im etwas größer anmutenden Gerichtssaal verteilt. Als Pressevertreter hat sich nur eine Person, offensichtlich aus dem weiteren Umfeld von Schmitt ohne Akkreditierung eingefunden. Alle großen Aasgeier der Öffentlich-rechtlichen und privaten Mainstream-Medien sind wohl irgendwo zu einem anderen Kadaver unterwegs, im wohlverdienten Urlaub oder auf Klassenfahrt in den Tiefen des Sumpfs des RBB. Neben der vorsitzenden Richterin Stachrowski sitzen ihre beiden namenlosen ehrenamtlichen männlichen Satelliten. Rechts von der Vorsitzenden an der Fensterfront der ebenfalls namenlose Staatsanwalt und zur Linken der Vorsitzenden die Protokollführerin, alle mit Maske natürlich. Die Fenster im Saal sind weit geöffnet, was ab und an lautstärkebedingt im Hinblick auf die Turmstraße zu leichten Verständnisproblemen führen wird. Etwas entfernt von der Richterpritsche auf Links davon und ohne jegliche Gesichtsverhüllung dann erst der bekannte Kölner Rechtsanwalt und Strafverteidiger Dirk Sattelmaier, neben ihm sein Mandant Arne Schmitt, der provokant ein dunkelblaues T-Shirt mit der hellen Aufschrift „FREISPRUCH!“ auf der Vorderseite trägt. Ansonsten tummeln sich in Reichweite des Zuschauerbereichs und zur Absicherung der ehrenwerten Gerichtspersonen noch drei maskenlose Justizwachtmeister in wechselnder Besetzung während des stundenlangen Verlaufs der Vorstellung. Eingreifen müssen werden sie nicht. Unter den zahlreichen Prozessbeobachter/innen sind auch szenebekannte Gesichter, wie der Thüringer Aktivist Thomas Brauner (alias Busfahrer Thomas) und der Sänger und Aktivist Björn Winter (alias Björn Banane).

Der Thüringer Aktivist Thomas Brauner im Interview nach dem Verhandlungstag vor dem Gerichtsgebäude.
Sänger und Aktivist Björn Winter (Dritter von rechts) nach dem Verhandlungstag.

Zuerst werden vom Gericht die erschienenen Beteiligten und Zeugen namentlich festgestellt. Nachfolgend trägt die Vorsitzende, die ihre Maske wenigstens bei der Kommunikation im Saal während der gesamten Verhandlung abnehmen wird, den Sachverhalt und die Verurteilung aus erster Instanz im Stakkato vor, sodass der geneigte Zuhörer kaum etwas versteht und seine Schwierigkeiten hat, dem etwas längeren Vortrag zu folgen.

Anschließend darf nun der Angeklagte dann seine Sicht der Dinge an jenem Novemberabend im Jahr 2020 darlegen und verweist zum Beweis seiner Unschuld auf diverse damalige Videomitschnitte der Szenerie von verschiedenen Privatpersonen, auch aus teils unterschiedlichen Perspektiven und Positionen, die teilweise auch dem Gericht schon als Beweismittel vorliegen würden. Auch habe er die Herausgabe seines Personalausweises nicht verweigert, sondern nach der Ansprache durch den Einsatzleiter der Polizei bereits seine Brieftasche, in der sich sein Ausweis befand, aus der Jackentasche geholt und auf das Piano neben sich gelegt. Ohne jegliche Vorwarnung der Anwendung von unmittelbarem Zwang durch den Einsatzleiter sei er dann nach kurzer Zeit überfallartig gewaltsam von mehreren Polizeibeamten vom Podest seines Pianos zu Boden gebracht und mit den Händen auf dem Rücken gefesselt worden. Beim Hochziehen vom Boden sei ihm noch durch einen Polizeibeamten ein wuchtiger Kniestoß gegen den linken Oberkörper versetzt worden. Danach wurde er von mehreren Beamten zum bereitstehenden Polizeitransporter in unmittelbarer Nähe getragen und über die geöffnete Hecktür bäuchlings mit dem Kopf voran in das Fahrzeuginnere geschoben worden.

Als erster Zeuge wird nun Schmitts Bruder Tobias in den Saal gerufen. Dieser begleitet nach eigenen Angaben seinen Bruder oftmals bei seinen straßenmusikalischen Aktionen, so auch am Nachmittag und frühen Abend des 18.11.2020 auf und an der Straße des 17. Juni in Berlins Mitte. Der Aussage von Tobias Schmitt wurde im erstinstanzlichen Verfahren zumindest im Urteil allerdings keine Würdigung beigemessen. Hier in der erneuten Verhandlung im Berufungsverfahren befragen die Vorsitzende und auch der Verteidiger den Zeugen eingehend zum damaligen Geschehen, an das sich Tobias Schmitt auch nach fast zwei Jahren recht gut erinnern kann. Auch, wie sein Bruder von der Polizei brutal zu Boden gebracht, bäuchlings mit den Händen auf dem Rücken gefesselt, mit einem Knietritt von einem Beamten in den seitlichen Rippenbereich versehen und anschließend von mehreren Polizeibeamten zum bereitstehenden Polizeitransporter an der Straße geschleppt wurde und dort bäuchlings mit dem Kopf voran und so mit dem Gesicht nach unten über die geöffnete Hecktür des Fahrzeugs unsanft ins Innere verbracht wurde. Auf wundersame Weise erlitt Schmitt bei der brutalen und unangemessenen Festnahme durch die übermotivierten Einsatzkräfte der Berliner Polizei keine schwerwiegenden Verletzungen und konnte nach etwa 25 Minuten wieder aus der polizeilichen Maßnahme, nach Feststellung der Identität entlassen werden.

Tobias Schmitt, der Bruder von Arne nach dem Verhandlungstag vor dem Gerichtsgebäude.

Nach etwa einer Stunde Verhandlungsdauer und der Beendigung der Vernehmung von Tobias Schmitt gibt es gegen 10.30 Uhr auf Weisung der Vorsitzenden die erste von insgesamt drei Pausen der mündlichen Verhandlung. Alle Prozessbeobachter/innen müssen den Saal wieder zum Hinterausgang in Richtung des Treppenhauses des Portals räumen und die Saaltür wird während der Pause von innen von einem Justizwachtmeister verschlossen.

Etwa zehn Minuten später wird der Prozess dann mit der Vernehmung des nächsten Zeugen, einem an dem damaligen Polizeieinsatz beteiligten Beamten der Berliner Bereitschaftspolizei fortgesetzt. Der stämmige 31-Jährige mit Migrationshintergrund und schwer verständlichem Namen erläutert dem Gericht auf Nachfrage, dass er und seine Kollegen zunächst vom Einsatzleiter zur Absicherung der eigentlichen polizeilichen Maßnahme nach außen hin beigezogen wurden, um die umstehenden Menschen auf Abstand zum Geschehen zu halten. Somit habe er zwar unmittelbar mit dem Rücken zum eigentlichen Geschehen gestanden, habe aber nach eigener Angabe alles Rückwärtige mit anhören können, was sich zutrug. Hiernach wurde Schmitt zuerst vom Einsatzleiter H. aufgefordert, seinen Personalausweis zur Identitätsfeststellung hinsichtlich der Fertigung einer Ordnungswidrigkeitenanzeige herauszugeben, nachdem der Angeklagte dem nicht nachkam, hätte der Einsatzleiter diesen mehrfach darauf hingewiesen, dass bei weiterer Nichtbefolgung der Anweisung unmittelbarer Zwang zur Durchsetzung der Feststellung der Identität erfolgen würde, folglich also mit Anwendung von Gewalt durch die Polizeibeamten. Kurz darauf wurde der Angeklagte dann von mehreren Beamten gewaltsam vom Podest des mobilen Pianos geholt, zu Boden gebracht und bäuchlings liegend mit den Händen auf dem Rücken gefesselt. Danach wurde Schmitt – nun auch unter unmittelbarer Hilfe des Zeugen – bäuchlings von mehreren Polizisten zum nahegelegenen bereitstehenden Polizeitransporter etwa zwanzig Meter getragen und dort an der Rückseite des Fahrzeugs, unter heftiger Gegenwehr vom Angeklagten in Form eines Fußtritts in Richtung eines der ihn tragenden Beamten, welcher sich nach Ansicht des Zeugen nur durch Wegducken vor schweren Verletzungen hätte schützen können, über die geöffnete Hecktür bäuchlings mit dem Kopf voran und dem Gesicht nach unten in das Fahrzeuginnere geschoben.

An dieser Stelle nun möchte das Gericht die vorliegenden Videoaufzeichnungen verschiedener Menschen vom Abend des Geschehens aus unterschiedlichen Perspektiven von einer zuvor von der Verteidigung eingebrachten DVD anschauen, was sich mit der vorhandenen Saaltechnik erst einmal etwas schwierig gestaltet, denn auch ein USB-Stick mit weiteren Videoaufzeichnungen des damaligen Geschehens, den Strafverteidiger Sattelmaier noch als Beweis einreichen möchte, ist offensichtlich nicht mit dem visuellen Abspielgerät, dem Laptop der Vorsitzenden kompatibel. Hier naht kurz vor der Verzweiflung unerwartete technische Hilfe von der Richterbank in Form eines der beiden Schöffen, einem jungen Bübchen und offensichtlichen Computer-Nerd. Dieser bastelt ein wenig und tippt auf dem Gerät der Vorsitzenden in den Programmen herum und lädt auch tatsächlich den Inhalt des eben eingebrachten USB-Sticks in die unendlichen Weiten des gerichtlichen Computers, da sich die Videos vom Stick auf diesem einfach nicht abspielen ließen. Nach einiger Bastelei kann die Vorführung im Saal nun für alle beginnen, während sich die Gerichtspersonen und der Staatsanwalt noch gute Plätze vor dem Großbildschirm an der Giebelwand der Gerichtspritsche sichern. Die Polizei selbst hatte keine visuellen Aufzeichnungen zum Einsatz gefertigt, wie sonst eigentlich in solchen Situationen mittlerweile üblich zur eigenen Beweissicherung. In gut zwanzig Minuten wird nun das damalige Geschehen aus mehreren Perspektiven und von verschiedenen Autoren beleuchtet, ab und an wird das Bild angehalten und es erfolgen kurze Nachfragen von der Vorsitzenden, dem technikaffinen jungen Schöffen und auch dem Verteidiger Schmitts an den Zeugen zum Geschehen und zur genauen Sichtung und Beurteilung der Lage im Einzelnen. Der Ton in den vorgeführten Videomitschnitten ist gegenüber dem Bild in meist deutlich schlechterem Zustand und auch in entscheidenden Sequenzen leider eher schwer verständlich.

Nachdem Gericht und Staatsanwaltschaft nach der Sichtung des Videomaterials keine Fragen mehr an den Zeugen aus der Riege der Polizei haben, befragt nun im Anschluss Strafverteidiger Dirk Sattelmaier diesen eingehend zum Geschehen und möchte wissen, ob dieser sagen könne, wann und wie oft er gehört habe, dass sein Mandant bei der damaligen Maßnahme vom Einsatzleiter auf den Umstand hingewiesen wurde, dass bei Nichtbefolgen der Aufforderung zur Vorlage des Personalausweises durch die Einsatzkräfte unmittelbarer Zwang zur Durchsetzung der Feststellung der Identität angewendet werden würde. Der Beamte verweist auf Grund der vergangenen Zeit auf seine damalige schriftliche Aussage im Zuge der Strafanzeige gegen den Angeklagten, kann aber im Saal keine genauen oder gar verbindlichen Angaben zu den Fragen des Verteidigers machen. Der bohrt indes weiter und möchte vom Zeugen wissen, ob dieser gesehen hätte, dass dem Angeklagten im Zuge der Festnahme durch einen beteiligten Beamten ein wuchtiger Kniestoß in die linksseitige Rippengegend versetzt wurde, unmittelbar nachdem dieser gefesselt vom Boden angehoben wurde. Dazu kann der Zeuge ebenfalls keine Angaben machen, da er erst wenig später aus der Position der Absicherung der Maßnahme heraus selbst direkt ins Geschehen eingriff, um die Kollegen tatkräftig zu unterstützen und den Festgenommenen zum in der Nähe befindlichen Polizeitransporter zu tragen. Er erinnere sich aber an einen Tritt des Angeklagten in Richtung eines seiner Kollegen, kurz vor der Einlieferung des Delinquenten in das Polizeifahrzeug.

Strafverteidiger Dirk Sattelmaier wirkt in seinen Zeugenbefragungen interessanterweise zunächst ein wenig behäbig, spricht langsam und ruhig, blättert immer wieder in den vorliegenden Akten, sucht damalige Aussagen der Zeugen und vergleicht diese mit den in der Verhandlung dargebotenen Äußerungen, während er seine Lesebrille stetig ab und wieder aufsetzt oder gönnt sich ein paar akademische nachdenkliche Sekunden, bevor er fortfährt, um dann gezielt und energisch auf Widersprüche zu stoßen und unangenehme Fragen hinterherzuschieben, wie ein Geier im Sturzflug auf die ahnungslose Beute. Auf diese Weise bringt er auch den Belastungszeugen aus den Reihen der Polizei zunehmend durch konkrete Nachfragen in Erklärungs- und Erinnerungsnot. Plötzlich kann der Zeuge sich nicht mehr genau erinnern, ob der Einsatzleiter den Angeklagten während der Maßnahme tatsächlich über die Folgen der unmittelbaren Anwendung von Zwang bei Nichtherausgabe des angeforderten Personalausweises belehrte oder dies gar wirklich auch noch mehrfach tat.

An dieser Stelle nun reicht Sattelmaier die Herumeierei des Polizeibeamten und er beantragt bei Gericht, den Zeugen wegen des Verdachts von Falschaussagen umgehend zu vereidigen, was die Vorsitzende süffisant mit der kurzen Begründung ablehnt, man sei hier schließlich beim Landgericht, was immer das bedeuten mag bleibt dem nicht juristisch versierten Betrachter verborgen. Eine Falschaussage eines Zeugen unter Eid, welcher aber ohnehin immer die Wahrheit bei Gericht angeben muss, hätte schwerwiegende strafrechtliche Konsequenzen für diesen bei Lügengeschichten oder erfundenen Sequenzen.

Sattelmaier nimmt die Ablehnung seines Antrags von der Vorsitzenden gelassen, quittiert diesen mit einem Lächeln in Verbindung mit einem leisen Zischen und gibt dem Zeugen den dezenten Hinweis, dass dieser sich genau jetzt noch einmal überlegen könne, ob er bei seinen Aussagen bleibe, oder aber zugebe, sich eben nicht mehr genau an die damaligen Geschehnisse mit absoluter Sicherheit erinnern zu können, bevor er sich durch mutmaßliche uneidliche Falschaussagen möglicherweise strafbar machen würde. Wie durch eine Zauberformel gibt der Zeuge nun an, er könne sich leider nicht mehr genau an die Geschehnisse im Hinblick auf die Fragestellungen erinnern, da diese immerhin schon fast zwei Jahre zurückliegen würden. Der Zeuge wird hiernach von der Vorsitzenden ohne Vereidigung und mit Dank entlassen und verlässt den Saal.

Mittlerweile geht es auf Mittag zu und so gibt es gegen 11.30 Uhr die nächste Pause von etwa zehn Minuten, welche die Prozessbeobachter/innen wieder im Treppenhaus des Portal 5 hinter dem verschlossenen Saal verbringen müssen, von denen einige immer noch vergeblich die nicht vorhandenen Toiletten im Sicherheitsbereich suchen und sich zwangsläufig vom weiteren Geschehen verabschieden. Dafür strömt immer noch Ersatz wieder hinzu, so auch ein in Berlin recht bekannter Fotograf, welcher eher der Umgebung der Antifa-Szene zuzurechnen ist. Das erzeugt bei den Verbliebenen einigen Unmut, dennoch arrangiert man sich mit der ungewohnten Situation im Zuschauerbereich.

Fortgesetzt wird die Verhandlung dann mit dem Kronzeugen der Anklage, dem 41-Jährigen damaligen Einsatzleiter der Polizei H., ein ebenfalls stämmiger und breitschultriger Geselle. Dieser tritt nach Aufruf mit FFP2-Maske in den Saal und weigert sich auch nach Aufforderung der Vorsitzenden, diese zur Befragung abzunehmen. Die Vorsitzende wird nun energischer und ordnet an, dass der Zeuge die Maske abzusetzen habe, das Gericht wolle Gesicht und Mimik des Zeugen bei seinen Aussagen erkennen können. Nach einigem Wortgeplänkel mit der Vorsitzenden folgt der Beamte widerwillig der Weisung des Gerichts, entfernt die Gesichtsverschleierung und beschimpft dabei die Vorsitzende lautstark, sie würde ihn dabei in seinen Grundrechten beschneiden und einer Gesundheitsgefährdung aussetzen, schließlich säßen hier genau jene Corona-Leugner in unmittelbarer Nähe zu ihm auf der Anklagebank, die die Pandemie verharmlosen (gemeint waren wohl Schmitt und Sattelmaier als dynamisches und maskenloses Duo). Die überaus deutliche Positionierung des Zeugen zu Beginn hier wird sich neben einer anderen fatalen Äußerung im weiteren Verlauf der Befragung noch schwerwiegend auf die Stützung des fragilen Kartenhauses der Anklage der Staatsanwaltschaft auswirken. Sozusagen ein gefundenes Fressen für Verteidiger Sattelmaier, der hier zwar tatsächlich buchstäblich mit auf der Anklagebank sitzt, allerdings nicht als Angeklagter.

Zuerst aber möchte das Gericht die Darstellung des Zeugen zur Vorsituation am späten Nachmittag am Brandenburger Tor während der Auflösung der genehmigten Demonstration und zur späteren eigentlichen polizeilichen Maßnahme am Abend des 18. November 2020 an der Straße des 17. Juni – und wie es dazu überhaupt kam – aus seiner Sicht erfahren. Der Einsatzleiter erläutert, dass Schmitt samt seinem mobilen Piano ihm schon am Nachmittag unangenehm aufgefallen war, während der Auflösung der zuvor genehmigten Demonstration gegen die Änderung des Infektionsschutzgesetzes im Bereich des Brandenburger Tores, zu deren Absicherung er mit seiner Einheit abgestellt worden war. Dort sei eine polizeiliche Sperre zwischen Pariser Platz auf der Ostseite des Brandenburger Tores und dem Platz des 18. März auf der Westseite errichtet worden, damit die Auflösung der Kundgebung rund um die Ebertstraße, Straße des 17. Juni, Platz des 18. März und im angrenzenden Tiergarten nicht durch weiter hinzuströmende Teilnehmer oder Störer beeinträchtigt werden sollte. Schmitt wollte dort mit seinem mobilen Piano von Osten kommend zur Straße des 17. Juni, um dort vorgeblich Straßenmusik zu spielen, da er Straßenmusiker sei und eine behördliche Genehmigung dafür besitze, welche er auch in elektronischer Form als gespeicherte E-Mail mittels seines Mobiltelefons den Beamten gegenüber glaubhaft machen konnte. Schmitt wurde dann samt seinem Arbeitsgerät kurze Zeit später nach der Aufhebung der Sperrung durch die Polizeiführung in die gewünschte Richtung zum Musizieren durchgelassen. Etwas später wiederum kam es dann zur eigentlichen Situation, aus der heraus sich dann die polizeiliche Maßnahme entwickelte. Arne Schmitt spielte erst auf dem rechtsseitigen Bürgersteig der Straße des 17. Juni, unweit des Brandenburger Tores in Richtung der Siegessäule am Großen Stern. Von dort wurde er dann vom Zeugen direkt auf die gegenüberliegende Straßenseite zum Musizieren verwiesen. Der Zeuge H. gibt an, dass sich um das Piano von Schmitt eine größere Menschenansammlung ohne die damals geltenden Mindestabstände von 1,5 Metern bildete. Was nach seiner Ansicht gegen die damals geltende Infektionsschutzmaßnahmenverordnung des Landes Berlin verstieß. Eine konkrete Anzahl kann er hingegen nicht nennen. Mittlerweile war es an dem kühlen Herbsttag schon dunkel geworden. Da etliche umstehende Menschen brennende Kerzen hielten oder politische Bekundungen in Form von kleinen Papp- oder Plastikschildern mit Aufschriften oder Parolen mit sich führten, stufte der Einsatzleiter H. die Ansammlung als unangemeldete Kundgebung, beziehungsweise Ersatzveranstaltung der einige Zeit zuvor von der Polizei aufgelösten Demonstration in der Nähe von Bundestag und Brandenburger Tor ein. In der Folge trat der Einsatzleiter daher mit seinen Kollegen an den vermeintlichen Verursacher der unerlaubten An- und Versammlung – den Straßenmusiker – heran und forderte diesen auf, seinen Personalausweis zur Feststellung der Identität für die Fertigung einer Ordnungswidrigkeitenanzeige herauszugeben. Als Grund gab der Einsatzleiter an, dass Mindestabstände nicht eingehalten werden und der Angeklagte mit seiner Tätigkeit des Musizierens dies fördere und somit immer Menschen anlocken würde.

Hier hakt Verteidiger Sattelmaier ein und weist den Zeugen darauf hin, dass im vorhin vorgeführten Video eindeutig zu sehen ist, dass sich nur recht wenige Menschen im Umfeld von Schmitt und seinem Piano befanden, welche zudem die Mindestabstände weitestgehend einzuhalten schienen. Auch habe der Angeklagte nach der Ansprache durch den Einsatzleiter die Umstehenden angewiesen, etwas mehr Abstand zueinander zu suchen, was ebenfalls visuell belegt ist. Gleichzeitig habe sein Mandant seine Brieftasche, in der sich sein Ausweisdokument befindet aus der Jackentasche hervorgeholt und auf das Piano vor sich gelegt, was ebenfalls im Video gut zu erkennen war. Sattelmaier schlussfolgert daraus, dass sein Mandant hier der Weisung des Einsatzleiters zur Herausgabe des Personalausweises ja sichtlich nachkommen wollte und dies eben nicht verweigerte, wie dies der Zeuge und die Anklage behaupten würde. Der Verteidiger fragt den Einsatzleiter auch gezielt, wie oft dieser Schmitt in der Maßnahme aufgefordert habe, sich auszuweisen, wann er diesen genau über die Anwendung von unmittelbarem Zwang bei Nichtbefolgung der Anweisung aufgeklärt habe und wieviel Zeit etwa zwischen seiner Aufforderung und der gewaltsamen Festnahme vergangen wäre. Sekunden, Minuten, eine Stunde?

Einsatzleiter H. gibt auf die Fragen an, dass er den Angeklagten mehrmals aufgefordert habe, sich auszuweisen, was dieser aber nicht befolgte. Wie oft er Schmitt aufgefordert habe, könne er nicht mehr sagen, auf jeden Fall aber mehrfach. Der Zeuge ist sich auch sicher, Schmitt über die Folge von unmittelbarem Zwang zur Identitätsfeststellung bei Nichtbefolgung hinreichend belehrt zu haben. Das Schmitt nach der Aufforderung seine Brieftasche aus der Jackentasche hervorholte und auf das Piano legte, habe er gesehen. Ein Ausweisdokument habe der Angeklagte aber nicht aus der Brieftasche genommen, sondern seine linke Hand auf dieser belassen und stattdessen weiter mit ihm diskutiert. Eine zeitliche Einordnung zwischen seiner ersten Aufforderung zur Feststellung der Identität an Schmitt und seines Befehls zur Festnahme dessen könne er nicht vornehmen, mindestens aber seien zwischenzeitlich mehrere Minuten vergangen.

Hier nun reicht es Verteidiger Dirk Sattelmaier auch mit diesem Zeugen und seinen Darstellungen zum Geschehen an jenem Novemberabend. Sattelmaier wird energischer und hält dem Einsatzleiter H. vor, dass das zuvor im Gerichtssaal abgespielte Video der Situation deutlich zeige, dass H. seinen Mandanten lediglich ein einziges Mal zur Herausgabe des Personalausweises aufgefordert habe, woraufhin zu sehen war, dass sein Mandant seine Brieftasche aus der Jackentasche holte und auf das Piano vor sich legte, wohl um seinen Personalausweis daraus zu entnehmen. Ohne jegliche weitere Aufforderung durch den Zeugen oder gar der Belehrung über die bevorstehende Anwendung von unmittelbaren Zwangs zur Durchsetzung der Feststellung der Identität – wie dieser noch zuvor behauptete – wurde sein Mandant dann bereits nach etwa 30 Sekunden blitzartig gewaltsam zu Boden gebracht und festgenommen, wobei diesem die Hände auf dem Rücken gefesselt wurden und ihm beim Hochziehen noch durch einen Beamten ein wuchtiger Knietritt in den linken seitlichen Oberkörper verabreicht wurde. Sein Mandant widersetzte sich aber gar nicht der Festnahme, sodass solcherlei Gewaltanwendung weder notwendig, noch verhältnismäßig war. Zumal Schmitt sichtlich bereit war, sich gegenüber den Polizeibeamten auszuweisen. All das zeige das Video deutlich, auch die Einsatznummer des Beamten, welcher Schmitt den wuchtigen Kniestoß versetzte. Wie durch ein Wunder trug sein Mandant im Zuge der gewaltsamen Festnahme keine ernsteren Verletzungen davon.

Einsatzleiter H. wirkt angezählt, geht Rechtsanwalt Sattelmaier auf den Leim und rechtfertigt nun fatalerweise auch noch den bereits mehrfach erwähnten Kniestoß seines Kollegen in Schmitts Oberkörper mit der Ansicht, damit üblicherweise im Allgemeinen Widerstand in solchen Situationen brechen zu können und zu müssen, befohlen habe er dies allerdings nicht.

Rechtsanwalt Sattelmaier weist anschließend auch diesen Zeugen in Anbetracht des vorliegenden Videomaterials und die zurückliegende Zeit zum Geschehen auf den Umstand hin, seine Äußerungen noch einmal zu überdenken und dann noch einmal anzugeben, wann er Schmitt über die bevorstehende Anwendung von unmittelbaren Zwangs zur Identitätsfeststellung belehrt habe, wie es seine Pflicht gewesen wäre, bevor er eine solche Maßnahme durchführen könne. Auch sei sein Mandant nicht der Verursacher einer vermeintlichen Ansammlung gewesen, nur weil er Piano gespielt habe, sondern habe mit behördlicher Erlaubnis an jenem Nachmittag und Abend Straßenmusik, welche ja auch der Erzielung seines Lebensunterhalts dient, gespielt. Der Zeuge selbst habe ihm dies ja nach Überprüfung der elektronisch vorliegenden Genehmigung via Mobiltelefon gestattet, als er diesen auf die gegenüberliegende Straßenseite auf der Straße des 17. Juni zum Musizieren verlegte. Arne Schmitt schließt sich seinem Verteidiger noch mit einem bildhaften Vergleich zum Verständnis an, in dem er den Zeugen fragt: Wenn jemand einen Porsche am Straßenrand parken würde und dieser Wagen dann die Aufmerksamkeit von Menschen in der Nähe auf sich ziehen würde, diese dann das Fahrzeug umringen würden, würde dann auch der Fahrer des Porsche als Verursacher der Menschenansammlung angesehen? Oder wären es wohl eher die Menschen, welche zum Fahrzeug strömten?

Auf die bildhafte Frage gab es allerdings keine Antwort mehr vom Zeugen. Dieser gab abschließend nur noch zum Besten, dass er sich nach der bereits vergangenen Zeit von fast zwei Jahren nicht mehr so genau an Einzelheiten des Geschehens erinnern könne. Auch der Hauptbelastungszeuge H. wird vom Gericht ohne Vereidigung und mit Dank entlassen.

Da das Kartenhaus der Anklage auch mit der Befragung und den Äußerungen des Hauptbelastungszeugen immer mehr ins Wanken geriet und der Prozess damit eine Wendung zu nehmen schien, regte die Vorsitzende eine Unterbrechung der Verhandlung an und bat dafür die Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung zum Gespräch zur Richterbank. Alle anderen mussten den Saal wieder in bekannter Manier an die vorgesehenen Örtlichkeiten verlassen.

Nach gut zehn Minuten wird die Verhandlung gegen 13.20 Uhr fortgesetzt. Die Vorsitzende erläutert, dass das Gericht gegenüber den Vertretern der Anklage und der Verteidigung den Vorschlag der Einstellung des Verfahrens unter Auflagen gemäß § 153a StPO (Strafprozessordnung) bei Zustimmung der Beteiligten angeboten hat, also der Zahlung einer (unbekannten) Geldauflage an Schmitt zur sofortigen rechtskräftigen Einstellung des Strafverfahrens, dem der Vertreter der Staatsanwaltschaft als Voraussetzung zustimmen würde. Da hier in diesem Fall aber Schmitt auch für die Kosten des Verfahrens und die seines Rechtsanwalts hätte selbst aufkommen müssen, war dies für ihn und seinen Verteidiger nicht die Option und so lehnte die Verteidigung diesen Vorschlag vehement ab. Schließlich ist Arne Schmitt nach eigener Ansicht und der seines Verteidigers Sattelmaier unschuldig und vom Vorwurf freizusprechen. Zu einem Freispruch hingegen konnte sich der Vertreter der Anklage nicht durchringen, die Staatsanwaltschaft möchte wohl ihr Gesicht wahren, auch, wenn es angesichts der bröckelnden Beweise schwer fällt.

Da weitere geladene Zeugen aus der Riege der damals an der Maßnahme beteiligten Berliner Polizeibeamten aus Urlaubsgründen nicht am Verhandlungstag erschienen sind, diese aber nach Ansicht des Gerichts zur endgültigen Klärung der Vorwürfe noch gehört werden sollen und zudem das vorhandene Videomaterial durch eine Spezialabteilung des Berliner Landeskriminalamtes noch auditiv verbessert werden soll, wird die Verhandlung von der Vorsitzenden nach gut vier Stunden auf einen unbestimmten Zeitpunkt vertagt. Dies wird nach Angaben von Schmitts Verteidiger Sattelmaier nach dem Prozesstag wohl nicht mehr in diesem Jahr der Fall sein. Allerdings scheint auf Grund der aufkommenden Erinnerungslücken der bisherigen Belastungszeugen und der gezeigten Videosequenzen vom Hergang zum Vorwurf absehbar, dass auch die weiteren Zeugen den beginnenden Untergang der Anklage wohl nicht mehr aufhalten können, sondern nur noch hinauszögern werden. Zumal die Verhältnismäßigkeit der Gewaltanwendung durch die übermotivierten und teils voreingenommenen Polizeibeamten (was offensichtlich zumindest für den Einsatzleiter H. auf Grund seiner Aussagen vor Gericht gelten dürfte) immer mehr in Frage steht.

Fortgesetzt wird die Geschichte also demnächst im selben Theater nach historischer Vorlage in „Faust II“ – und natürlich wieder ohne Eintrittsgeld an der morgendlichen Justizkasse. Im Folgenden noch einige Impressionen nach dem Ende der Verhandlung vor dem Gerichtsgebäude.

Arne Schmitt nach der Verhandlung am Berliner Landgericht.
Mit Freunden …
… und bei Interviews.
Arne Schmitt vor dem Eingang zum Portal 5 des Gerichtsgebäudes.
Freispruch? Heute noch nicht.
Arne Schmitt mit seinem Verteidiger, Rechtsanwalt Dirk Sattelmaier.
Sattelmaier und Schmitt im Interview.

Hinterlasse einen Kommentar